Mit der Verordnung über das Naturschutzgebiet "Vilstal bei Marklkofen", veröffentlicht am 30. Oktober 1984 im Regierungsamtsblatt Niederbayern Nr. 24/1984, wurde vor rund 40 Jahren dieses bedeutende Schutzgebiet amtlich ausgewiesen. Mit einer durchschnittlichen Breite von etwa 1.250 Metern und einer Länge von rund 2.200 Metern hat es eine Gesamtfläche von knapp 173 Hektar. Damit ist es das größte Naturschutzgebiet (NSG) im Landkreis Dingolfing-Landau. Darüber hinaus ist es Bestandteil des Flora-Fauna-Habitat-Gebiets "Vilstal zwischen Vilsbiburg und Marklkofen" und gehört somit zum Schutzgebiets-System "Natura 2000". Gemäß der zugehörigen, auf europäischer Ebene festgesetzten Richtlinien sind hier heimische Arten in deren Lebensraum geschützt. Naturschutz im Sinne von "Natura 2000" beinhaltet dabei auch: Mit Hilfe bäuerlicher Landwirtschaft sollen historisch gewachsene Kulturlandschaften in ihrer Funktion für die Landwirtschaft einerseits und ihrer Attraktivität für Erholungs-Suchende andererseits erhalten bleiben.
Mit dem Bau des Vilstalstausees (vorrangig als Hochwasser-Rückhaltebecken) von 1972 bis 1975 war ein großer landwirtschaftlicher Eingriff in Flora und Fauna gegeben. Dieser Eingriff bewog die Planer zur Ausweisung des NSGs westlich des Sees und damit in dem Teil des Vilstals, der als Rückstaugebiet vorgesehen war.
Juwel mit großer Artenvielfalt
In Bezug auf das Vorkommen seltener Arten und die Vielfalt der Lebensraum-Typen ist das NSG Vilstal heute ein Juwel. Hier finden sich Fließ- und Stillgewässer, Röhrichte und Bruchwälder an Vils und Zitterbach sowie ausgedehnte Schwarzerlenbestände. Gleichzeitig ist das Gebiet das größte noch verbliebene, zusammenhängende Feucht- und Nasswiesengebiet im Vilstal. Bayernweit besitzt es deshalb wohl eine Sonderstellung. Die Flächen sind im Besitz des Freistaats Bayern und werden vom Wasserwirtschaftsamt Landshut verwaltet. Die Pflege übernimmt der Landschaftspflegeverband Dingolfing-Landau mit Hilfe ortsansässiger Landwirte.
Zweck des NSGs ist es, einen charakteristischen Abschnitt des Vilstals mit seinen Feuchtgebieten zu erhalten, einschließlich der entsprechenden Standortbedingungen für die heimische Pflanzen- und Tierwelt mit den teils seltenen und gefährdeten Arten. Für den Erhalt dieser Artenvielfalt in den Wiesenlebensräumen sind Pflegemaßnahmen, wie z. B. die Mahd, unerlässlich.
Infopavillon als zentrale Anlaufstelle
Infotafeln an den Zugängen zum NSG informieren die Besucher über das Gebiet und weisen auf den achtsamen Umgang mit diesem besonderen Fleck Natur hin. Dreh- und Angelpunkt ist der Infopavillon Mäandertalhaus. Das ehemalige Sportheim wurde auf Initiative der Gemeinde u.a. mit Mitteln der Europäischen Union zur zentralen Plattform, zu einem Treffpunkt für Schulklassen und Kindergärten umgestaltet. Mit Wildnisbereich und Wasserspielplatz dient es als Erlebnisort in der Natur, als Ausgangspunkt für Exkursionen oder als Anlaufstelle für Veranstaltungen (z.B. Streuobstmarkt).
Umfangreiche Kartierungen
Im Verlauf der letzten 40 Jahre wurde das NSG stetig überwacht und die Pflege weiterentwickelt. Zu den Maßnahmen zählten die Kartierung mit Pflege- und Entwicklungsplan von 1997, die Wiederholungskartierung von 2009 oder die Kartierung des Wachtelkönigs (2013 und 2016).
Die dabei gewonnenen Erkenntnisse haben großen Einfluss auf die Bewirtschaftung der Wiesen. Der Landschaftspflegeverband optimiert laufend die Mähzeitpunkte, legt Seigen an und pflegt diese. Die beauftragten Landwirte verwenden schonende Methoden wie den Balkenmäher, belassen Brachestreifen oder ermöglichen Netzschutzzonen, z.B. für den Wachtelkönig. Die Kartierungen liefern eine gute Übersicht zur Artenvielfalt. Letztere konnte im Laufe der Jahre weitgehend erhalten werden, wenn auch nicht alle Arten durchgängig nachweisbar waren. Hier gibt es 21 Libellenarten, wovon fünf auf der rotel Liste (RL) Bayerns und Deutschlands aufgeführt sind, zehn Heuschreckenarten (drei davon auf der RL), 60 Vogelarten (17 davon auf der RL) wie Blaukehlchen, Wachtelkönig, Kiebitz und Rebhuhn. Das NSG besitzt darüber hinaus eine einmalige Flora, z.B. kommen hier Schlangenknöterich, großer Wiesenknopf, Sumpfdotterblume und Breitblättriges Knabenkrat vor. Leider macht sich der fortschreitende Klimawandel auch im NSG bemerkbar, und zwar einerseits mit vermehrter Trockenheit, aber auch mit sehr nassen Jahren, was eine Pflege der Wiesen immer mehr erschwert. Die zahlenmäßige Abnahme der landwirtschaftlichen Betriebe macht auch die Verwertung von Heu und Grüngut immer kostenintensiver.
Als Alternative hat sich in den letzten 15 bis 20 Jahren in Deutschland die extensive Ganzjahres-Beweidung als eine anerkannte und relativ kostengünstige Management-Methode zum Erhalt wertvoller Offenland-Lebensräume entwickelt. Das NSG Regentalaue bei Cham ist mit seiner Artenvielfalt ein gelungenes Beispiel einer erfolgreichen Umsetzung.
Beweidung soll Artenvielfalt befördern
Auch in Teilen des NSG Marklkofen soll demnächst ein neuer Zeitabschnitt beginnen. Mit Renaturierung des Vilskanals östlich der Paulibrücke ist bereits ein Anfang gemacht. Vorbereitet wird derzeit eine extensive Ganzjahresbeweidung ab 2026, voraussichtlich mit Taurusrindern, Wasserbüffeln und Exmoos-Ponys, auf etwa 100 Hektar Fläche östlich der Pflasterstraße bis zum Ufer des Vilstalstausees. Vorgesehen ist eine Besatzdichte von 0,3 bis 0,4 Großvieh-einheiten pro Hektar.
Man erhofft sich durch die Beweidung mehr Schutz und weniger Störung im besonders sensiblen Ostteil des NSGs. Wie in allen Schutzgebieten sind der Freizeitdruck und die Rücksichtslosigkeit so mancher "Naturliebhaber" ein Dauerthema. Das geplante Beweidungsprojekt wird ermöglicht durch einen Zusammenschluss von höherer Naturschutzbehörde (Regierung von Niederbayern), unterer Naturschutzbehörde (Landkreis Dingolfing-Landau), dem Wasserwirtschaftsamt Landshut, dem Landschaftspflegeverband und der Gemeinde Marklkofen.
Die Hoffnung ist es, durch die Beweidung das vor 40 Jahren ausgegebene Schutzziel konsequent weiterverfolgen zu können: den Erhalt der Artenvielfalt auf den aus Naturschutz-Sicht wertvollen Feutcht- und Nasswiesen zu ermöglichen, indem man die Standortbedingungen für seltene Tier- und Pflanzenarten mit Hilfe der Beweidung nochmal deutlich verbessert.
Quellen: PEPL 1997 (ÖKON) Regensburg; ANL Laufen, Kernbotschaften für Natura 2000;
Fotos: Andreas Meisinger, Wolfgang Lorenz