Der Fund von Altenkirchen
Aufsehenerregender Fund eines Hortes/Depot von Votivgaben im Kirchturm von St. Corona in Altenkirchen
Ob die Heilige Corona (übrigens auch Schutzpatronin der Schatzgräber) bei der Wiederentdeckung der Votivgaben geholfen hat, weiß ich nicht, aber bereits 1929 kamen in einem Hohlraum unterhalb der Kanzel einige Tonvotive zum Vorschein. Erst im August 2002 wurde in den Zwickeln des Kreuzgewölbes über der Sakristei ein Komplex aus Ton- und Holzvotiven geborgen, der als größter Fund seiner Art gilt.
Dem umsichtigen Handeln eines Elektrikers, der damit beschäftigt war, ein Elektrokabel durch einen Gewölbezwickel zu verlegen, dem Architekten (der den Fund dem Heimatpfleger und Museumsleiter von Vilsbiburg Lambert Grassmann meldete) und unserem Kreisarchäologen Dr. Ludwig Kreiner mit Grabungstechniker Robert Pleyer unterstützt von 12 Hobbyarchäologen ist es zu verdanken, dass der Fund in kurzer Zeit zu Tage gefördert werden konnte.
Gefunden wurden rund 400 Löffel aus Kirsch-, Nussbaum- oder Lindenholz, aber auch aus Horn geschnitzt und zum Teil mit feinen Mustern verziert. Viele der Löffel weisen Gebrauchsspuren auf. Unbeantwortet bleibt die Frage, ob die wohl bereits im späten 15. Jahrhundert oder anfangs des 16. Jahrhunderts gefertigten Holzlöffel in Verbindung mit einer früheren Verehrung der Hl. Elisabeth stehen. Sie wurden vermutlich bei Magenleiden, Erkrankungen des Mund- und Rachenraumes, Zahnschmerzen, Appetitlosigkeit, Verdauungsbeschwerden Sprachproblemen oder auch bei Stummheit geopfert.
Der weite Teil des Fundes besteht aus etwa 150- 170 Tonkopfvotiven (im Volksmund „Tonkopfurnen“ genannt). Die meisten der Köpfe sind reduzierend gebrannt , dadurch erhielten sie ihre charakteristische dunkelgraue bis schwarze Färbung. Einige sind oxidierend gebrannt, nur wenige weisen eine grüne Glasur auf. Die ältesten Tonkopfvotive werden in die Mitte des 16. Jahrhundert datiert (siehe Abb.5), allerdings ist fraglich, ob ausschließlich Kopfschmerzen für die Opferung der Tonköpfe ausschlaggebend waren. Tonkopfvotive wurden überwiegend im südostbayerischen Raum und Braunauer Innviertel meist enthaupteten Märtyrer gestiftet wie den Heiligen Alban, Baptist, Dionysius, Johannes, Koloman, Theobald und Valentin aber eben auch der Hl. Corona.
Tierdarstellungen ( überwiegend sind es abstrakt geformte Kröten als Darstellung der Gebärmutter die wohl bei einem Kinderwunsch geopfert wurden) befinden sich unter dem umfangreichen Fundmaterial ebenso wie Kühe, Pferde, Hunde und Schweine, also Haustiere, die seit jeher einen großen Wert für die Landwirtschaft darstellten.
Ein kleiner grün glasierter Reiter, mehrere menschliche Figuren, ein gemodelter Knabenkopf, Medaillons, Reliefplatten, „Schuhe“, Heiligenbilder, Tongefäße, Münzen, Rosenkranzperlen, Reifen aus Textilien sowie angeknabberte Zwetschgenkerne mit vermutlich dazugehörenden skelettierten Kirchenmäuse vervollständigen den Fundkomplex.
Über die in niederbayerischen Raum populäre Hl. Corona, bekannt auch als „Krofrauerl“, erzählt das Heiligenlexikon, dass sie in 1. nachchristlichen Jahrhundert zwischen zwei empor schnellende Palmen gebunden in Stücke gerissen wurde und so ihren Märtyrertod fand.
Bezugnehmend auf dieses Martyrium sind die Gründe leicht nachvollziehbar, warum sich die Gläubigen mit Beinen, Armen, Füßen, Händen und Köpfe aus Ton, sog. Tonvotive, bei Krankheiten, Unfällen oder auch aus Dankbarkeit an die Hl. Corona nach Altenkirchen wandten.
Aufklärung und Säkularisation beendeten höchstwahrscheinlich den Tonvotiv- Brauchtum und die Wallfahrt nach „Croa“ deren Blütezeit wohl zwischen 1600 und 1800 lag. Wann die Wallfahrt in Altenkirchen genau endete ist nicht gesichert bekannt Frische Brüche lassen vermuten dass die Votive in aller Eile in die Gewölbezwickel verfüllt wurden danach wurde die Schüttung sofort mit eine Ziegelpflaster verschlossen. Wann die einst aus frommen Glauben in die Kirche gebrachten Votive weggeräumt wurden, ist nicht gesichert bekannt, aber es fanden sich in der Verfüllung auch Heiligenbildchen aus der Mitte des 19. Jahrhundert.
Die Funde von Altenkirchen werden voraussichtlich im Sommer 2005, im Rahmen einer Ausstellung in Landau a.d. Isar, der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Als kleiner Vorgeschmack, werden einige Stücke im Landauer Kastenhof und in der kreisarchäologischen Ausstellung des Dingolfinger Museums „Herzogsburg“ präsentiert, zudem befinden sich Teile des 1929 gefundenen Komplexes in der Sammlung Kriss die in der Zweigstelle des Bayerischen Nationalmuseums im Straubinger Herzogsschloss gezeigt wird. R.B.